Frauenpower in der ICT
15.08.2022 von Rebecca Pozzoli Reportage
Interview mit Lara Weber zukünftige ICT-Fachfrau EFZ BELFOR (Suisse)
Die Zahl der ICT-Fachkräfte in der Schweiz ist den letzten Jahren gestiegen. Trotz Verbesserungen sind Frauen jedoch immer noch unterrepräsentiert. Möglicherweise hängt dies mit einem längst überholten Bild zusammen, von männlichen Computer-Nerds im stillen Kämmerlein, die Energy Drinks schlürfend bis tief in die Nacht in den Bildschirm starren. Diese Klischees gilt es jedoch zu überdenken, denn gerade die Berufe in der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) bieten vielfältige Aufgaben, die neben technischen auch soziale Kompetenzen voraussetzen. Denn es genügt nicht, die Algorithmen zu verstehen oder Programme entwickeln zu können, man resp. frau muss diese den Anwendern und Anwenderinnen auch verständlich machen. Dies erfordert neben technischem Fachwissen auch kommunikative Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und Kreativität; Eigenschaften, die vielerorts dem weiblichen Geschlecht zugeschrieben werden. Lara Weber, baldige ICT-Fachfrau EFZ bei BELFOR (Suisse) AG, nimmt dazu Stellung.
Warum hast du dich für den Beruf ICT-Fachfrau EFZ entschieden?
Ich habe zuerst eine andere Ausbildung angefangen. Diese habe ich dann aber vorzeitig beendet und angefangen nach etwas Neuem zu suchen. Ich wollte etwas finden, was mir besser gefällt. Da habe ich nochmals in viele Berufe reingeschnuppert. Da meine Eltern Informatiker sind, bin ich auch schnell auf die IT-Berufe gestossen. ICT-Fachfrau ist eine neue Ausbildung, diese gab es nach meiner Sek-Zeit noch gar nicht. Beim Schnuppern hat es mir auf Anhieb sehr gut gefallen und ich habe mich dafür entschieden.Gab es Reaktionen aus deinem Umfeld (Familie, Freunde) auf deine Berufswahl?
Mein Umfeld hat nicht speziell reagiert, dass ich diesen Weg einschlagen möchte. Ich war schon immer technisch begeistert. Einige Reaktionen von Leuten, die ich neu kennenlerne, erlebe ich aber auch manchmal so, dass sie überrascht sind, dass ich diesen Beruf ausübe.Hattest du ein Vorbild bei der Berufswahl oder gab es jemanden, der/die dich besonders bei dabei unterstützt hat?
Ich wurde von meinem Lehrbetrieb von Beginn an stark unterstützt und gestärkt. Das hat mich motiviert.Was fasziniert dich am meisten an der ICT?
Der Beruf ist abwechslungsreich. Man lernt immer wieder etwas Neues dazu, so bleibt es jeden Tag spannend. Man wird nie auslernen und muss sich auch immer weiterbilden.Gibt es Vorurteile gegenüber deinem Beruf, die deiner Erfahrung nach überhaupt nicht zutreffen?
Vielleicht denken Leute, dass in der IT fast nur Nerds sind. Das ist nicht so. Ich habe viele gute Leute in meiner Klasse, mit denen ich auch in der Freizeit Dinge unternehme.Welche deiner Aufgaben erledigst du am liebsten?
Diese Frage würde ich lieber umdrehen, denn ich mache fast alles gerne. Besonders gern übernehme ich Mitarbeiter- Ein- sowie Austritte, setze neue Geräte auf und auch der Support (Servicedesk) gefällt mir sehr gut. Weniger mag ich es, wenn sich ein Problem oder ein Projekt total in die Länge zieht. Wenn etwas nicht funktioniert und man wochenlang an einer Sache dran ist und diese nicht abschliessen kann. Man muss vielleicht auf die Antwort oder Hilfe von jemanden warten. Mit der Zeit wird das dann mal etwas mühsam und man verliert auch mal die Geduld.Was empfindest du als besondere Herausforderung in deiner Ausbildung?
Es gibt Tage im Support, da kommen ganz viele Probleme auf dich zu. Man ist ständig daran, Probleme zu lösen und das braucht Durchhaltevermögen. In diesem Beruf wirst du auch an vielen Dingen gleichzeitig arbeiten müssen, das würde ich als Herausforderung bezeichnen. Aber genau das ist das Spannende daran.
Welche Eigenschaften muss man für den Beruf ICT-Fachfrau/-mann EFZ mitbringen?
Als ICT- Fachfrau/-mann hat man viel mit Kunden oder Mitarbeitern zu tun, deshalb ist es von Vorteil, wenn man kommunikativ ist. Ich war zu Beginn der Lehre sehr schüchtern, das ist nicht schlimm. Man lernt sehr viel dazu und das gibt einem dann Sicherheit und die Schüchternheit lässt nach. Die Teamarbeit und die Freude an Technologie sind ebenfalls wichtig in diesem Beruf.Ist dein Beruf wirklich ein «Männerberuf» oder ist das ein reines Klischee?
Das ist ein reines Klischee. Ich habe den Beruf nie als Männerberuf erlebt. Ich arbeite in einem Viererteam, wovon zwei weiblich und zwei männlich sind, es ist also sehr ausgeglichen. Meine Mutter ist selbst Informatikerin. Deshalb habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, ob der Beruf für mich als Frau etwas ist. Zugegeben, in der Berufsschule sieht es etwas anders aus: Dort sind wir vier Frauen und 16 Männer.Gibt es in der ICT Aufgaben, die Frauen besser lösen als ihre männlichen Kollegen?
Meiner Meinung nach hat die Qualität der Lösungen nichts mit dem Geschlecht zu tun. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist ein Individuum mit seinen/ihren ureigenen Stärken und Schwächen. Und an den Schwächen kann man arbeiten.Hast du als junge Frau bei deiner Arbeit manchmal trotzdem noch gegen Vorurteile zu kämpfen?
Eigentlich muss ich nirgends gegen Vorurteile kämpfen. Ab und zu passiert es, dass mein Umfeld überrascht reagiert, wenn ich sage, dass ich in der Informatik arbeite. Die Reaktionen sind aber nicht negativ wertend, sondern einfach überrascht. Ich erkläre dann, wie ich auf den Beruf gekommen bin. Zweifel daran, dass ich als Frau den Anforderungen nicht genügen könnte, hatte ich nie. Allgemeine Selbstzweifel schon, aber nicht auf mein Geschlecht bezogen. Bis jetzt läuft es allerdings gut und ich kann mich nicht beklagen.Arbeiten Jungen anders als Mädchen? Hast du irgendwelche Tipps an Mädchen, was sie machen können, um beruflich erfolgreich zu sein? Wem würdest du den Beruf empfehlen?
Ich nehme keine grossen Unterschiede wahr. Mädchen sollten sich nicht allzu viele Gedanken darüber machen, ob der Beruf in manchen Köpfen dem anderen Geschlecht zugeschrieben wird. Es passt, wenn es Spass macht; egal ob klassischer Männer- oder Frauenberuf! Ich würde jeder und jedem, die oder der Interesse an Technologie und gerne Kontakt mit Menschen hat, diese Ausbildung weiterempfehlen. Man hat viele Zukunftsmöglichkeiten und man lernt sehr viel in der Ausbildung.
Was sind deine Zukunftspläne?
Ich werde voraussichtlich zuerst in der Firma weiterarbeiten. Ich habe noch keine weiteren Zukunftspläne gemacht, aber ich möchte sicher noch Weiterbildungen machen. Bis ich jedoch weiss welche, möchte ich mich beruflich festigen.Vielen Dank für das interessante Gespräch und alles Gute in deiner beruflichen Zukunft!
Zu den Lehrberufen in der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT)
Schulabgängerinnen und Schulabgänger können im ICT-Bereich zwischen mehreren Grundausbildungen wählen. ICT-Fachleute EFZ unterstützen die Anwenderinnen und Anwender von Soft- und Hardware des täglichen Gebrauchs und lösen deren IT-Probleme. Informatiker/innen EFZ geht es darum, Informatiklösungen zu entwickeln, zu installieren, zu testen und zu betreiben. Mediamatiker/innen EFZ sind kreative Multimedia-Gestalter/innen von Informationen, die Technik mit Marketing und Design verbinden. Gebäudeinformatiker/innen EFZ sind für die Planung und Umsetzung von intelligenten Gebäuden und die Vernetzung von Infrastrukturen verantwortlich. So neu, dass er noch nicht eingeführt ist, ist der Beruf Entwickler/in digitales Business EFZ. Diese Berufsleute erfassen aussagekräftige Daten und begleiten Automatisierungen von Geschäftsprozessen, damit es den Firmen gelingt, mit der rasanten digitalen Entwicklung Schritt zu halten.
Zur Firma
Die nationale Organisation der Arbeitswelt (OdA) ICT Berufsbildung gestaltet die zukunftsgerichtete und qualitativ hochwertige ICT-Berufsbildung in der Schweiz. Hier werden praxisorientierte Berufsbilder und Berufsbildungsabschlüsse entwickelt und für deren Bekanntheit gesorgt. ICT Berufsbildung etabliert sich als branchenübergreifendes Kompetenzzentrum für alle Digitalisierungsthemen in der Berufsbildung und gewährleistet die internationale Anschlussfähigkeit der ICT-Berufsabschlüsse. BELFOR (Suisse) AG, die zur OdA ICT Berufsbildung gehört, ist das führende Schweizer Unternehmen in der Prävention über die Sanierung bis hin zur vollkommenen Wiederherstellung und Renovation von Gebäude und deren Infrastruktur. Als 360° Full Service-Dienstleister analysiert und saniert BELFOR Brand-, Wasser- und Elementartschäden (Unwetter, Hochwasser, Sturm usw.) jeder Art und Grösse und bietet ein weites Lösungsspektrum mit rund 50 Jahre Erfahrung in diesen Bereichen. Dank lokaler und landesweiter Präsenz, erreicht BELFOR jeden Schadensort in kürzester Zeit. JEDERZEIT - 24h/24h Hotline 0800 808 118.
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