Swiss Coaching Day 2024: Impulse, Vernetzung und ergänzende Angebote zur Berufsberatung
04.06.2024 von Evelyn Hartmann Reportage
Fachlicher Dialog, Austausch und Inspiration
«Wir haben es gemacht!» Mit diesen Worten eröffnete Hässig das Nachmittagsprogramm des ersten Swiss Coaching Day, welcher vom Schweizerischen Berufsverband der professionell arbeitenden Coaches und betrieblichen Mentorinnen und Mentoren, SCA, ins Leben gerufen wurde. Die langen Vorbereitungen, auf die Hässig in seiner Begrüssung anspielte, haben sich gelohnt: Der Branchenevent mit Kongress-Charakter fand auf Anhieb regen Anklang und wurde gut besucht. Nach einem Rahmenprogramm für Verbandsmitglieder stand die zweite Hälfte des Tages allen offen. Viele der HR-Spezialistinnen, Projektleiter, Führungspersonen und weiteren Fachleute, die sich hier versammelt hatten, um gemeinsame Themen aufzugreifen, sich gegenseitig zu inspirieren und über neue Phänomene auszutauschen, arbeiten in ihrem Alltag als Coaches eher allein. Dass das Bedürfnis nach Begegnung, fachlichem Dialog und Vernetzung jedoch gross ist, zeigte sich nicht nur an der lebhaften Beteiligung, sondern auch an den vielen, angeregt geführten Gesprächen in den Pausen.
Professionelles Coaching: Qualifikation und Methodenkompetenz
Doch was versteht man überhaupt unter Coaching? Der Begriff wird ja sehr breit von verschiedenen Seiten beansprucht, um nicht zu sagen, strapaziert. «Tatsächlich ist es eines unserer zentralen Anliegen, dem missbräuchlichen Umgang mit vermeintlichem Coaching etwas entgegenzusetzen, gerade durch unsere Präsenz als Verband», erklärt Hässig. «Seriöse Coaches versprechen nichts und bieten ihre Dienstleistung zu fairen und transparenten Konditionen an. Da geht es nicht darum, Abhängigkeiten aufzubauen, im Gegenteil. Wir arbeiten auf Basis der Eigenverantwortung, und eine Kundin oder ein Kunde soll jederzeit ohne Begründung aussteigen können. Es ist deshalb wichtig, sicherzustellen, dass die Person, die eine Beratung anbietet, qualifiziert ist und über die entsprechende Methodenkompetenz verfügt.» Viele Fachleute sind Mitglied bei der SCA, beim bso, dem Berufsverband für Coaching, Supervision und Organisationsberatung oder bei Swiss Trainers & Coaches, dem Netzwerk für Trainers und Coaches in der Schweiz. Äusserst erfolgreich ist auch die Berufsprüfung Betriebliche/r Mentor/in, welche in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert. Solche Mitgliedschaften und Qualifikationen garantieren, dass das professionelle Rüstzeug vorhanden ist und die ethische Grundhaltung stimmt.
Coaching als niederschwelliges Beratungsangebot
Die Unterstützung im Rahmen eines Coachings konzentriert sich längst nicht mehr nur auf Menschen, die in leitenden Positionen tätig sind. «Das, worum es im Wesentlichen geht», führt Hässig aus, «ist, dass man in einem geschützten Rahmen ganz intensiv an einem Thema arbeiten kann, sei das nun die Vorbereitung auf eine Verhandlung, der Umgang mit einem Teamkonflikt oder etwas, das die Kommunikation betrifft. Man kann sehr gezielt etwas in sich abgeschlossen bearbeiten und dabei die Selbstwirksamkeit und persönlichen Stärken fördern. Genau wie in der psychologischen Begleitung braucht es dazu eine intakte Beziehung, die auf Vertrauen aufbaut. Anders als in der Psychologie wird beim Coaching üblicherweise jedoch nicht vertieft auf die Biographie eingegangen. Coaching ist ein niederschwelliges Beratungsangebot im weiten Feld der Arbeit mit all seinen verschiedenen Aspekten.» Hässig schmunzelt, «Ich kenne junge Leute, die in eine führende Position eingestiegen sind und sich zur praxisorientierten Weiterbildung eine Coaching-Begleitung gewünscht haben, anstatt einen höheren Lohn zu fordern.»
Berufsfindung und Coaching: Effiziente Unterstützung für Jugendliche
Und wie ist es beim Thema Berufsfindung? «Das, was die bekannte Berufs- und Laufbahnberatung bereithält, reicht heute kaum noch aus», meint Hässig, «da hat sich der Arbeitsmarkt und vieles darum herum zu stark verändert. Individuelle Beratung und Coaching können eine höchst effiziente Form der Unterstützung bieten, zum Beispiel, wenn Jugendliche keine Ahnung haben, in welche Richtung es gehen soll oder wenn sie nachträglich mit einer getroffenen Wahl nicht glücklich sind. Es setzt natürlich voraus, dass sie freiwillig in die Beratung kommen. Ohne Veränderungsbereitschaft geht es nicht. Die Verantwortung als Erziehungspersonen können Eltern am Ende nicht einfach auf uns abwälzen. Wir schauen in einer persönlich gestalteten Begleitung, worin die wesentlichen Eignungen, Stärken und Bedürfnisse liegen. Als wohlwollend-kritisches Gegenüber, als sogenannte Realitätskellner, holen wir junge Menschen ab und zu auch auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn manche Wünsche ausserhalb des Möglichen liegen.»
Vielseitige Speaker und interaktive Elemente beim Swiss Coaching Day
Dass Coaching eine enorme Bandbreite umfasst, wurde am Swiss Coaching Day nicht zuletzt durch die vier «Keynotes» angedeutet, in denen ganz unterschiedliche Themen zum Tragen kamen. Speaker waren die Schweizer TV-Moderatorin Claudia Lässer («Positive Psychologie und PERMA»), der katholische Pfarrer und Coach Felix Hunger («Ich feedbacke, also bin ich!»), der deutsche Wirtschaftspsychologe und Experte für Mikroexpressionen Dirk Eilert («Mimikresonanz») und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Barbara Hochstrasser («Das Job-Demands-Resources-Modell»). Nadine Lambrigger sorgte mit ihrer erfrischenden Moderation in Reimform für etliche Lacher und regte auch zu kurzen Interaktionen im Publikum an, wie leichten Körperübungen oder einer kleinen Schultermassage zwischendurch. Nach dem abschliessenden Podiumsgespräch unter dem brisanten Titel «Coaching Heute – KI Morgen» fand dieser rundum gelungene Tag bei Networking und Apéro Riche allmählich seinen Ausklang, umspielt vom netten Groove der Swiss Jazz Ambassadors.